Guten Abend in die Runde.
Heute Morgen um sieben Uhr war es so weit. Die ganze Welt war gespannt. Dutzende Mediziner hatten die ganze Nacht vor dem Computer angestanden um eins der ersten Exemplare zu ergattern. Für alle Intensiv- und Notfallmediziner ein etwa vergleichbares Ereignis, wie der Verkaufbeginn eines neuen iPhone für Apple-Freaks.
Aber nein, ganz so hoch möchte ich auch nicht pokern. Ganz so einen Trubel gab es nicht. Auch, wenn es für die nächsten fünf Jahre sicherlich Einfluss auf die Medizin, genauer gesagt Reanimationen nehmen wird. Heute Morgen Punkt sieben Uhr wurden die neuen Leitlinien der GRC (German Resuscitation Council ... dem Deutschen Rat für Wiederbelebung) veröffentlicht. Zeitgleich mit der englischen Version.
Gespannt habe ich mich darauf gestürzt und gleich die neue Version studiert, mit der Frage "What's the new?".
... Voilá, frisch gedruckt und ganz neu bei mir auf dem Tisch ;-)
Für alle, die dieses Büchlein nicht haben, bzw. eher Freunde von Online-Lesen sind, auf das Bild klicken, dort kann man es im PDF-Format downloaden ;-)
Bei genauem Studium des Inhaltsverzeichnisses wird der Leser feststellen, dass ein neuer Themenschwerpunkt eingebracht wurde, nämlich auf gut deutsch "Medizinethik". "Ethik der Reanimation und Entscheidungen am Lebensende" lautet das neue Kapitel ganz direkt. In der vorherigen Ausgabe wurde dieses Thema mal grob und sehr kurz angekratzt, jedoch nicht so ausführlich behandelt und thematisiert. Wer mich persönlich kennt, wird sich denken können, wie ich mich über die Themensetzung freue. Es wird zumindest in den Leitlinien schon einmal ein gewisser Schwerpunkt auf dieses Thema gelenkt. (Für alle Interessierten dieses Kapitel startet ab Seite 305.)
Was ist noch neu? Gar nicht so viel, wie ursprünglich gedacht. Noch einen wichtigen Schwerpunkt hat man darauf gelegt, dass man den Intervall der Beatmung nun definiert als "bis zu 10 Sekunden". Dies gefällt mir persönlich nicht, aber gut. Es wird Gründe dafür geben, dass man dies so aufgenommen hat. Der Laienhelfer soll Erwachsene Patienten mit unter gar nicht Beatmen, eine geschulte Fachkraft weiss was sie tut und wird nicht 10 Sekunden für die Beatmung brauchen. Aber gut ... only my 2 Cent.
In den neuen Leitlinien auch noch neu aufgefasst ist die Tatsache, dass man darauf hinweisst, weniger Rea- und / oder Herzalarmteams als MET's (MET = Medical Emergency Team) zu stärken. Es wird darauf hingewiesen, dass es besser wäre (verständlicherweise) MET's in den Krankenhäusern und Kliniken zu integrieren. ("Lieber ein MET zu einem schwer-kranken Patienten schicken, als das Rea-Team zu einem toten ...")
Man legt mit den neuen Leitlinien mehr Wert darauf, eine Reanimation eher zu verhindern, bzw. die Vorzeichen besser wahrzunehmen und dadurch rechtzeitig zu intervenieren. So wird enpfohlen die Überwachungsbögen (auch Kurven genannt), benutzerfreundlicher zu gestalten, um das Eintragen der Werte zu erleichtern und die besser im Blick zu haben. Speziell im Hinblick auf die Hypoxämie, Hyperthermie etc., genau das, was ich schon in verschiedenen Lehrgängen so vermittelt und dar gestellt habe. Nun ist es niedergeschrieben.
Eine weitere Neuerung findet sich im Algorithmus der Reanimation im unteren, rechten Teil des gesamten Kunstwerkes. Der Zeichner hat sich hier eine Neuerung einfallen lassen, das Design ist im ganzen überarbeitet, die Farben wurden neu gewählt. Wie ich persönlich finde sehr gelungen. Aber nun. Wie erwähnt findet sich im beschriebenen Bereich ein neues Kästchen, welches unter der großen Überschrift "Erwägen" aufgenommen wurde.
Schaut man sich das Kästchen (welches auf Seite 98 zu finden ist) genauer an findet man insgesamt vier Neuerungen, so: Ultraschalluntersuchung; Verw. v. mech. Rea-Geräten für Transport (...); Coronarangiographie und PCI; extrakorporale CPR. Zu den mechanischen Reanimationshilfen gibt es auch eine kleine Anmerkung (an anderer Stelle aber).
Nun hatte ich auch noch kurz das Thema mechanische Reanimationshilfen angesprochen (Lukas(R) & Co.). Es gibt eine recht deutliche Meinung, welche ich so auch vertrete. Es gibt die Aussage, dass es nicht für die primäre Reanimation gedacht ist, diese Spielereien zu verwenden, dar es Personal bindest, die Druckmassage unterbricht ... . Befürwortungen gibt es jedoch auch, so wurde zum Beispiel klar dargestellt, dass sich eine Verwendung etwa während des Transport oder aber auch im Herzkatheter eignet und so die Arbeit erleichtert und gleichzeitig auch mehr Sicherheit sorgt (Transport im RTW unter laufender Reanimation).
Nun, um zum Abschluss zu finden, noch ein wichtiger Punkt, der sich geändert hat und erwähnenswert bleibt. Bislang wurde ROSC eine milde therap. Hypothermie von 32 - 34 °C empfohlen, bzw. vieler Ort's auch angewendet. Mittlerweile stehen wir hier wieder an einem anderen Punkt. Es wird mit den neuen Leitlinien keine Empfehlung mehr direkt dafür gegeben. Man kann die 32 - 34°C ansteuern (24h, danach über ~72h Temp. -> 36°C), man kann den Patienten dennoch auch bei 36°C belassen. Wichtig ist nur, dass es zu keiner Hyperthermie kommt und sich die Kö.-Temp. im Norm-Bereich verbleibt (achso :D )
Genug geschrieben für jetzt und zu diesem Thema ;-)
Über Kommentare und / oder Anregungen freue ich mich jeder Zeit.
In diesem Sinne ...